Karibu!

Karibu!

Gut, dass du in meiner Nähe bist!

Gut, dass du in meiner Nähe bist!

Getreu dem Auftrag von der Lebensgemeinschaft der Aids-Waisen-Kinder von Itete wollen wir „ERZÄHLEN, DASS ES SIE GIBT!“
Dialog mit Itete

Dialog mit Itete

„Gut, dass du in meiner Nähe bist“ – heißt auch: gut, dass du mit mir in Dialog treten willst. Es gibt viel auszutauschen und vieles zu lernen von einander und miteinander.

So Gott will

Sulemani, 24 Jahre jung, lädt uns ein, mit ihm seine Großeltern zu besuchen. Er möchte sich von ihnen verabschieden, bevor er wieder für 10 Monate in die Schule nach Ifakara geht, um seinen Abschluß zu machen – danach will er Medical Assistent werden. – Bald nach seiner Geburt sind Vater und Mutter an Aids gestorben und die Großeltern haben ihn aufgenommen. Obwohl er zu ihnen Babu und Bibi (Großvater und Großmutter) sagt, sind sie für ihn wie Eltern, sein Babu ist 90 Jahre alt.

Zu dritt marschieren wir los. Wir durchqueren einen Fluß, und um uns zu „beruhigen“, sagt Sulemani: „Hier gibt’s keine Krokodile, und wenn sich einmal eines hierher verirrt, dann wird es sofort gegessen!“

Nach einer halben Stunde – wir sind schon in der Nähe der Hütte seiner Großeltern – fragen wir Sulemani, was wir als kleines Geschenk mitbringen können. Nach langem Nachdenken meint er: „What they really need is sugar.“ In einem sogenannten Geschäft erwerben wir drei Kilo Zucker und Tee. – Direkt neben der staubigen Dorfstraße erkennen wir in einem weißen Kleid einen alten Mann, mit dem charakteristischen weißen Käppi der Moslems vor seiner Lehmhütte sitzend. „This is my babu“, sagt Sulemani voll Stolz – und zurecht! Sein Großvater erhebt sich, für einen 90-jährigen Mann überraschend schnell, und kommt uns lächelnd entgegen. Ein schöner alter Mensch, beweglich, mit einem lebendigen Gesicht und klugen Augen. Seine Gegenwart macht uns ruhig, bescheiden und zugleich sehr berührt. Eilig werden aus der Nachbarschaft Sesseln für unser Gespräch organisiert – Sulemanis Großeltern besitzen keine Sesseln. Wir tauschen unsere Familiengeschichten aus, und der alte Mann erzählt, dass er in der Befreiungs- und Unabhängig­keitsbewegung Tanzanias aktiv war, dann in der Position eines regionalen Politikers für die Regierung gearbeitet hat und Vieles im Ulanga District bewegen konnte.

Ich schaue mich vorsichtig um und sehe, dass die Großeltern von Sulemani eine Lehmhütte mit 3 mal 2 Metern bewohnen, zwei Zahnbürsten stecken im Strohdach über dem Eingang – keine Pension, keine Versicherung, kein Zeichen des Dankes von Seiten der Regierung. „Unser Enkelkind ist für uns die einzige Altersvorsorge und – wenn Gott will – werde ich’s noch erleben, wenn Suleman selbst Geld verdient als Medical Assistent.“ „Wenn Gott will“…..sagt er, und in diesem Moment kommt seine Frau mit einem frisch gefangenen Huhn. Sie überreicht es uns voll Stolz, beschämt nehmen wir das Geschenk an, und wagen erst gar nicht, es abzulehnen. Die beiden alten Menschen leben von Ugali (Maissterz) und Bohnen – alle zwei bis drei Wochen und zu besonderen Anlässen gibt’s ein Huhn. Sie haben nichts, und schenken uns ein Festessen!

Sulemani übersetzt liebevoll unseren Dialog. „Ich konnte meinem Enkelsohn leider keine Ausbildung bieten, auch ist unsere Hütte zu klein, um ihn nochmals hier aufzunehmen, aber – wenn Gott will – dann wird er es einmal besser haben, für sich und seine Kinder.“ Wir versichern dem alten Mann und seiner Frau, dass sie ihrem Enkelkind das wohl Wertvollste längst mitgegeben haben – die Gewissheit, geliebt und angenommen zu sein, besonders in der schweren Zeit des Verlustes seiner Eltern….und mit einem Schmunzeln gesteht der Großvater ein, wie stolz er auf seinen nunmehr erwachsenen Enkelsohn ist.

„Er wird es schaffen!“ sagt er – „mit Gottes Hilfe“ !

Beschenkt in vielfachem Sinn verabschieden wir uns und wandern mit Sulemani und einem lebendigen Huhn am Arm nach Hause. Die hellen und lebendigen Augen dieses greisen stolzen Mannes begleiten uns wie ein Segen!

In der Schule, die Suleman besucht, ist er Klassenbester und Schulsprecher. Darüberhinaus betreut er als „head-boy“ 25 Burschen, die mit ihm in Ifakara in einem gemieteten Haus in Selbstverwaltung leben, kochen, studieren und schlafen. Verantwortungsvoll zu führen hat er von seinem Großvater gelernt, der für die Unabhängigkeit Tanzanias gekämpft hat. Jetzt kämpft Suleman mit 25 Burschen um die eigene Unabhängigkeit, und weiß, er wird sie erreichen durch gute Bildung. Er teilt ein ähnliches Schicksal mit den 25 Burschen, für die er Verantwortung trägt.

Unabhängigkeit, so Gott will!

von Georg Wögerbauer

 


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