Karibu!

Karibu!

Gut, dass du in meiner Nähe bist!

Gut, dass du in meiner Nähe bist!

Getreu dem Auftrag von der Lebensgemeinschaft der Aids-Waisen-Kinder von Itete wollen wir „ERZÄHLEN, DASS ES SIE GIBT!“
Dialog mit Itete

Dialog mit Itete

„Gut, dass du in meiner Nähe bist“ – heißt auch: gut, dass du mit mir in Dialog treten willst. Es gibt viel auszutauschen und vieles zu lernen von einander und miteinander.

2. Brief aus Itete

von Sigrid und Georg Wögerbauer

ZUHÖREN

zuhören
dir zuhören
in mich hinein hören
anhören
und
aufhören
mit weghören
achtsam hören
besser einmal verhören
als nicht hören
oder weghören
genau hinhören
was gemeint ist
verstehen
nachfragen
hinschauen
spüren
sehen
vordenken
zeit lassen
und dann
vorsichtig
vielleicht
fragen
oder auch
sagen,
was zu sagen ist
oder tun!

KOCHEN MIT JACKY

Seit wir hier im Orphanage von Itete leben, kocht jeden Tag ein anderer der großen Burschen für uns. Heute kocht Jacky. (Er ist 19 Jahre alt, wir kennen ihn schon besser, weil er im Herbst 2009 mit Brother Samuel bei uns in Österreich für 2 Wochen auf Besuch war.) Es gibt täglich Reis, weil die Ernte heuer gut ausgefallen ist, und weil wir Gäste sind.

Die Kinder essen hier dreimal täglich: in der Früh gibts Tee, Brot oder Chiapatti, am Nachmittag meist Ugali (eine Art Polenta aus ganz fein gemahlenem Maismehl) und am Abend Reis mit Gemüse. Zweimal pro Woche gibts Fleisch – meist Impalas, die frisch erlegt in der Früh von den Jägern vorbeigebracht werden, oder Kuku (Huhn) aus eigener Zucht, selten, aber doch gibts Schweinefleisch aus eigener Zucht und für die moslemischen Kinder dann wieder Kuku.

Während ich mit Jacky die Okras putze und Sigi Melanzani schält und schneidet, werden wir von zwei jüngeren Burschen aufmerksam beobachtet: Peter und Gervas. Beide haben wache und freche Augen, sie wirken sehr präsent und sichtlich auch angespannt, was denn die beiden Wazungus (Weißen) in der Küche tun. Jacky hat eben ein Huhn geschlachtet, und bittet mich, es gemeinsam auf „afrikanisch“ mit einem Allroundmesser zu zerlegen: es gibt kein Schneidbrett – auch aus hygienischen Gründen wird das Huhn „in der Luft zerlegt“, das heißt, zwei Hände halten es, während die anderen zwei mit dem Messer das Huhn zerteilen und ausnehmen – „der letzte Flug des Huhns“.

„Jacky – bitte erzähl mir die Geschichte von Peter“ – sag ich, während Jacky den Hühnermagen fein putzt. „Peter is my brother, but for him I am like a father“, erzählt Jacky, und an seinen Augen erkenne ich, dass er mir zugleich auch seine Geschichte erzählt. „Peter and me, we have the same grandmother, she had two daughters, our mothers – both died because of HIV-Aids. Peter`s father- no good father – he did not care about Peter. You know, some fathers in Africa – if the mothers die – they are a problem for their children, but not a father…..Mein und Peters Vater, konnten für uns kein Schulgeld zahlen. Ich bin zu Brother Samuel in die Nazareth Community gekommen und lebe hier schon seit sechs Jahren. Da ist mein zu Hause, hier sind wir alle brothers and sisters! …..and when mother of Peter died, I asked Brother Samuel to help Peter, and now he is with me. And Peter`s father, when he comes to visit Peter, says to him: Look, even Jacky is now your father.- And so I feel! … Ich bin glücklich, dass Peter jetzt da ist, und Peter weiß noch gar nicht, dass seine Mutter gestorben ist – ich sage ihm immer, wenn er nach ihr fragt, jetzt gehts ihr besser.“

Die Tränen, die mir kommen, während ich das Gemüse anbrate, sind nicht zu stoppen. Jacky erzählt weiter: „Ich sag immer zu ihm, dass jetzt seine Aufgabe ist, zu lernen-und wenn er mit der Schule fertig ist, dann schauen wir gemeinsam nach unserer Familie.“- Gervas ist der beste Freund von Peter. Gemeinsam gehen sie in die Primary School von Itete, sie sind ständig beisammen und teilen sich auch ein Bett. Die Eltern von Gervas haben sich getrennt, die Mutter lebt in Dar Es Salam, der Vater sorgt sich nicht um ihn – Jackys Kommentar: „You know, his father is not good for him, Gervas had to work a lot, but his father will never pay school fees for him.“ – Letztlich ist auch Gervas hier in Itete gelandet. Peter und Gervas können noch kaum Englisch, beide ca.12 Jahre, haben auch noch keine Berufswünsche, denn sie kennen nicht einmal ihre beruflichen Möglichkeiten. – Haben sie überhaupt Möglichkeiten?- Ohne finanzielle Unterstützung können sie maximal die Primary School besuchen, die staatlich finanziert und von mäßiger Qualität ist: zu wenige und schlecht ausgebildete Lehrer, die kaum Englisch können, ständig überfüllte Klassen, die Kinder sind dort auf sich gestellt, sie malen oder kopieren Schriftzeichen, die sie oft nicht verstehen. – Entsprechend gering ist die Erfolgsquote bei der staatlichen Abschlussprüfung, die Voraussetzung ist, um eine Secondary School besuchen zu können.

Peter, Jacky und Gervas wissen, dass „education“ für sie der einzige Ausweg aus der
Armutsfalle ist, und dass sich erst mit entsprechender Bildung Möglichkeiten für sie auftun.

Schließlich ist das Essen fertig. Für die Zubereitung eines guten Essens – sagen die Afrikaner – braucht es mindestens drei Menschen. Wir haben zu fünft gekocht und haben Lebensgeschichten verstanden und konnten sie auch ein Stück erfühlen.

ASANTE Peter, Jacky und Gervas!

KARIBUNI

Ihr Kinder von Itete
wir haben Euch gehört
um 6 Uhr in der Früh
beim morgendlichen Tee trinken
um 3/4 7 beim Singen
der Tanzanischen Nationalhymne

Wir haben Euch gesehen
in Eurer Schuluniform
zur Schule laufend
mit Schulbüchern und
Mangos am Kopf balancierend

Wir haben Euch bewundert
wie geschickt Ihr am Nachmittag
mit den Hacken die Felder bearbeitet
den Mais anbaut
am Sonntag alleine Eure Wäsche wascht

Wir haben gestaunt
wie ihr die Tiere versorgt
in der Früh und am Abend
sie schlachtet und zubereitet
und zum gemeinsamen Essen serviert

Wir haben erlebt
wie ihr große Eimer voll Wasser
auf Euren Köpfen tragt
den Schulhof kehrt
und auf offenem Feuer Brot backt

Wir haben gesehen
wie ihr nach 12 Stunden Arbeit
am Abend bei schwachem Licht
Eure Hausaufgaben schreibt

Wir haben gesehen
wie ihr zu zweit oder zu dritt
ein Bett teilt
aus der Not einen Nutzen machend
Euch so die Nestwärme holt
die Eure Eltern
nicht mehr geben können.

Wir haben gespürt
und es hat uns bewegt
Eure Blicke
Eure Hände
Euer Asante sana

Ihr Kinder von Itete
Niko, Tiba, Asha
Peter, Gervas, Jacky…
Ihr sollt wissen
dass Ihr auch in Österreich
Väter und Mütter habt

bereit zu teilen
und Euch zu begleiten
auf eurem tapferen Weg
zu Eigenständigkeit,
Bildung und
nachhaltiger Entwicklung

KARIBUNI
Ihr seid auch
unsere Kinder

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